Donnerstag, 1. Mai 2014
Bevor es wieder losgeht
... mache ich mir so meine Gedanken. Ich stehe kurz vor ICSI Nr. 16. Als wir damals mit unserer Sammlung "How to get pregnant" begannen, dachte ich nicht, dass die Sammlung so groß wird.
So ungefähr ab ICSI Nr. 10 gehe ich vor jeder Behandlung in mich, also gedanklich in mich, und schaue mich um. Ich frage in mich hinein,
...Bist du bereit für eine neue Runde?
...Willst du wirklich, tatsächlich, ganz in echt Mama werden oder machst du aus Gewohnheit weiter?
...Wie weit willst du gehen?
Ihr findet diese Fragen seltsam? Warum fragt sich jemand, der in Kinderwunschbehandlung steht, ob er Mama werden möchte?
Habt ihr nicht auch schon mal diese Geschichten gehört, in denen jemand sich etwas so sehr herbeiwünscht, dass er die Konsequenzen gar nicht abschätzt? Kennt ihr den Film "Teuflisch" mit Brendan Fraser und Elizabeth Hurley? Müsst ihr unbedingt anschauen. Der trottelige Elliot ist unsterblich in seine Kollegin verliebt. Er unterzeichnet einen Vetrag beim äußerst attraktiven Teufel, der ihm sieben Wünsche erfüllt, damit er das Herz seiner Liebsten erobern kann. Nur hat Elliot nicht damit gerechnet, dass jeder Wunsch auch einen Haken hat... entweder wünscht er sich "groß und stark" und bekommt zusätzlich einen ziemlich kleinen IQ (und einen ziemlich kleinen Schniedel) oder er wünscht sich "reich und mächtig" und wacht als kolumbianischer Drogenboss auf. Ich liebe solche Filme. Sarkastisch mit einer Prise Wahrheit.
Nun aber zurück zur Hanni. Habe ich auch einen Vertrag mit dem Teufel abgeschlossen, der mir versprochen hat, mich zur Mama zu machen und ich übersehe die Haken an der Geschichte? Die Haken an meiner Geschichte sind nicht nur die Medikamente und deren Nebenwirkungen. Der ganz große Haken an meiner Geschichte ist das Spiel mit der Hoffnung. Wird mir hier etwas verspochen, was gar nicht machbar ist? Muss ich nur lange genug durchhalten, damit ich "erfolgreich" bin? Genau das MUSS ich mich vor jeder Behandlung fragen, damit ich objektiv bleiben kann.
Unbestreitbar ist die Reproduktionsmedizin ein lukrativer Markt. Da soll es Wunderspritzen geben, die Eier wachsen lassen. Oder es soll Fruchtbarkeitsmassagen geben. Oder Pillen, die die Spermienqualität verbessern. Creme, die die Schleimhaut aufbaut... Kügelchen...Tröpfchen...was auch immer. Nur allzu schnell verrennt man sich hier in der Hoffnung "Ja, all das brauche ich, um schwanger zu werden."
Daher stelle ich mir tatsächlich vor jeder Behandlung diese Fragen.
Bin ich bereit für eine neue Runde?
Ich fühle mich stark genug, mich nicht von der Werbung der Wundermedizin blenden zu lassen. Ich bleibe realistisch. Für uns ist es nahezu unmöglich, auf normalem Weg schwanger zu werden. Also "brauchen" wir diese Wundermittelchen um eine reelle Chance zu bekommen. Allerdings weiß ich auch, dass es bedeutend mehr Faktoren benötigt, als nur ein paar Wunderspritzen. Mein Körper ignoriert gerne all diese ganzen vielversprechenden Medikamente. Ich habe für mich ein erträgliches Rahmenprogramm aufgebaut, damit mein Körper und meine Seele nicht so sehr unter der Belastung jeder Behandlung leiden. Ich werde wieder verstärkt meditieren und Yoga machen. Also sage ich "Ja, ich bin bereit für eine neue Runde!"
Will ich wirklich Mama werden, oder mache ich das nur aus Gewohnheit?
Schwierige Frage. Die Konsequenzen, also tatsächlich Mama zu sein, kann ich nicht abschätzen. Ich denke mal, dass es schon einen Unterschied macht, jahrelang von etwas zu träumen und diesen Traum dann letztendlich wahr werden zu lassen. Die Wirklichkeit besteht nicht nur aus Babylachen, kuscheln und Familienharmonie. Ich kann mir nur ansatzweise vorstellen, wie es ist, monatelang unter Schlafentzug zu stehen, oder bis zur Selbstaufgabe nur für jemanden anderen da zu sein. Ich kann aber von mir behaupten, dass ich bereit bin, das alles auf mich zu nehmen, obwohl ich nicht weiß, was mich erwartet. (Ich kann ja dann später rumjammern, wie schlimm das alles ist.)
Ja, und die Gewohnheit? Ich habe mich tatsächlich an die Behandlungen gewöhnt. Ich bin allerdings auch nicht so vergesslich, dass ich die ganzen Möglichkeiten des Scheiterns ausblende. Ich werde mir wieder vor dem ersten Schall in die Hosen machen. Die Schallplatte "Wächst was, Wächst nichts" wird wieder laufen. Weiter mag ich momentan noch gar nicht denken.... Punktion, Befruchtung, womöglich Transfer...und vielleicht sogar schwanger? Ich mag aber sagen "Ja, auch hierzu bin ich bereit!"
Wie weit will ich gehen bzw. wollen wir gehen?
Muss man nur lange genug die Wundermedizin genießen, um endlich schwanger zu werden? Darf man auch ohne schlechtes Gewissen vorher aufgeben, ohne schwanger geworden zu sein? Wir haben in Absprache mit unserem lieben Doc letztes Jahr besprochen, noch einen Transfer zu versuchen. Nach der letzten gescheiterten Punktion kam die Frage wieder auf, wie realistisch dieser Wunsch für uns ist. Mein Körper hat uns entgegen aller Vorhersagen immer wieder überrascht. Daher gebe ich ihm noch ein paar Mal die Chance, zu beweisen, was er drauf hat. Wenn allerdings die nächsteN PunktioneN wieder ins Leere laufen, ja dann... werden viele Tränen fließen und ade Kinderwunschwunderbehandlung.... Dann werde auch ich sagen müssen, das war´s für uns. Weiter gehen wir nicht. Keine Behandlung im Ausland, kein Adoptionsverfahren oder was auch immer. Also sage ich auch zu dieser Frage "Die Rahmenbedingungen sind geklärt, alles ok".
Nun gut... Hallo ICSI Nr. 16!
Eure Hanni
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Hanni,
AntwortenLöschenich bewundere dich! Du bist mutig, klug, realistisch und doch hoffnungs"froh" - oder sollte ich doch eher hoffnungsvoll sagen? - du machst Dir und uns Gedanken und Mut, du stellst Fragen, die wichtig und richtig sind, und du hast dem ganzen Krampf und Kampf zum Trotz immer noch ein gutes, beruhigendes, aufbauendes und vor allem liebes und liebevolles Wort für all die anderen in unserer illustren Runde übrig. DANKE!
Klingt das jetzt komisch, wenn ich sage, dass du mit deiner Art ein Vorbild für mich bist?
Ich mag dich!!
Deine Kriksikraksi
Oh...ich bin ein Vorbild. Danke mein liebe Kriksikraksi. Das ehrt mich jetzt aber.
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